MACHT.RECHT.GESELLSCHAFT?

Redebeitrag Demo am 06.07.2019 in Warburg

Posted: July 16th, 2019 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Redebeitrag Demo am 06.07.2019 in Warburg

Hier dokumentieren wir unseren Redebeitrag bei den Protesten gegen den Landesparteitag der AfD NRW in Warburg:

Die AFD ist keine Alternative. Für Niemanden!

Es ist nicht zu negieren, dass viele unzufrieden sind mit den gegebenen Verhältnissen. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer, die soziale Ungleichheit steigt/wächst. Immer mehr Wohlstand wird auf immer weniger Privilegierte verteilt. Doch die Antwort heißt Solidarität. Nicht Ab- und Ausgrenzung.

Wer einfache Antworten auf komplexe Fragen sucht, muss nur den Parolen und Forderungen der AFD zuhören. Dass diese häufig weder rechtlich noch praktisch möglich sind, ist dann erstmal zweitrangig. Dass die AFD einer neofaschistischen Weltsicht folgt, ihre Mitglieder regelmäßig rassistische, verfassungsfeindliche und faschistischen Mist von sich geben und diese Partei auch bereit ist die Menschenwürde mit Füßen zu treten, muss reichen um bereits an dieser Stelle die Ansage an alle demokratischen Parteien zu machen : wer mit der AFD zusammen arbeitet um Wählerstimmen zurück zu gewinnen, verliert jegliches wenn denn je vorhandenes politisches Rückgrat. Ein Schulterschluss mit Faschisten ist nicht verhandelbar.

Die AFD kulturalisiert soziale Konflikte, setzt sie in Bezug zu „Rasse“, Gender und sexueller Orientierung und instrumentalisiert diese so für sich. Unser kapitalistisches System, in welchem Menschen nach Verwertbarkeit und Leistungsfähigkeit bewertet werden, bietet für dieses Schubladendenken auch eine wunderbare Bühne. Der Markt hat nichts gegen stumpfe Parolen und Ausgrenzung. Im Gegenteil, er profitiert davon.

Wenn sich verschiedene soziale Gruppierungen gegenseitig als Verantwortliche für herrschende Not erklären, lenkt das zumindest von den dem kapitalistischen System innewohnenden Widersprüchen und Mechanismen der Ausbeutung ab.

Forderung des „Starken aber schlanken Staates“

Wie sehr sich die AFD dieses Schubladendenken auf sämtlichen Ebenen zu eigen macht und wie deutlich sie sich als Vertreterin des Verwertbarkeitsregimes Kapitalismus versteht zeigt sich auch in ihrem Wahlprogramm. Gefordert wird ein freier Markt mit so wenig staatlichen Eingriffen wie möglich. „Ein starker aber schlanker Staat“ soll es sein. Stark lediglich was den Ausbau von Befugnissen für Polizei und Verfassungsschutz. Trotz der Diskussion der AFD als Prüffall.

Einen schlanken Staat will sie im Bezug auf staatliche Unterstützung für sozial schwache Einkommen. Außer die betreffende Person arbeitet. Wer arbeitet soll mehr haben, als Menschen, die nicht arbeiten. Dabei kritisiert die AFD z.B. das ALG II. 

Eine generelle Kritik an ALG II ist durchaus berechtigt. Allerdings sollte die Lösung nicht unbedingt mit „wer arbeitet soll auch mehr haben als jemand der nicht arbeitet“ enden, wie im Wahlprogramm der AFD ihre geplante „aktivierende Grundsicherung“ es tut.

Sie propagiert mit einer Politik für den Mittelstand, welcher gestärkt werden solle. Auch hier versteht sie als Lösung einen „schlanken Staat“ , der sich aus dem Wirtschaftsleben raushalten soll. Dass ein möglichst liberaler Markt den Mittelstand gerade NICHT stärkt, sondern die soziale Ungleichheit wachsen lässt, indem hauptsächlich große, international tätige Unternehmen davon profitieren, zeigen doch gerade offensichtliche gesellschaftliche Entwicklungen in sämtlichen Ländern unserer Erde.  

Die Politik für „die kleinen Leute“, welche angeblich gegenüber Einwanderern vernachlässigt werden, macht die AFD sicher nicht.

Rechte Rhetorik

Rechte Rhetorik hat immer stärkeren Eingang in politische Debatten und Alltag gefunden. Ob durch selbstbewusster nach außen tretende Neonazi- Strukturen und offenes Auftreten der Identitären Bewegung oder durch Vertreter*innen der AFD in Parlamenten und Talkshows. Immer wieder betont sie wie stark die deutsche Rechtsstaatlichkeit verkommen würde und Willkür allein zum Vorteil einer Elite und Zuwanderer herrsche. Wer meint mit Rechten in Talkshows Reden zu müssen, verkennt dass diese nicht wirklich an einem inhaltlichen Diskurs, sondern lediglich an einer Bühne interessiert sind.

Dass die AFD das politische Sprachrohr und Taktgeberin des immer selbstbewussten auftretenden Rechtsextremismus ist, wird von ihr formell immer noch negiert. Auf der anderen Seite sehen Politiker wie Bundesvorstand Pazderski durchaus Berührungspunkt der Forderungen und Ziele von AFD und der sogenannten identitären Bewegung, welche sogar der liebe Hans Georg Maaßen als extremistisch bezeichnet. Und da muss ja anscheinend echt was zusammenkommen, wie seine Äußerungen zu den Angriffen auf Geflüchtete in Chemnitz, sein anscheinend erblindetes rechtes Auge  als Chef des Verfassungsschutzes zeigten.

Das Verständnis von Rechtsstaatlichkeit der AFD

Gerne brüstet sich die AFD damit Ordnung und Rechtsstaatlichkeit wiederherstellen zu wollen. Den Bürger*innen – natürlich eigentlich ungegendert – Sicherheit wiedergeben zu wollen und ihnen als einzige politische Akteurin zuzuhören.

Rechtsstaat bedeutet, dass auch Regierung, Gesetzgebung und Verwaltung an Recht und Gesetz gebunden sind. und dass sich der Staat, nicht ein Mensch, für jede seiner Handlungen diesen gegenüber den Menschen rechtfertigen muss. Die Theorie  des Rechtsstaats ist erwachsen als Gegenstück zum Macht- und Willkürstaat. Er geht von der Menschenwürde und dem Selbstbestimmungsrecht aller aus. Dabei geht es eben nicht nicht um die vehemente Durchsetzung von Gesetzen und Normvorstellungen der Herrschenden gegenüber wem auch immer.

Insbesondere Gauland fordert eine Rückkehr zur Rechtsstaatlichkeit. Dass diese verloren geht, sieht er unter anderem darin, dass niemand interveniert, wenn massenhaft Schüler*innen für die „Klimahysterie“ instrumentalisiert werden.  

Auch sieht er einen Verlust des Rechtsstaats in der „massenhaft illegalen“ Einreise von Geflüchteten, welche einfach so geduldet würde. Es würde mit zweierlei Maß gemessen.

Allerdings, Herr Gauland, ist das Fundament unserer Demokratie und insbesondere Ihres Rechtsstaats nun mal das Grundgesetz und damit auch die Menschenwürde. Und diese kategorisiert nicht nach angeblich bestehenden Unterschieden aufgrund von Herkunft oder Gender. Abgesehen davon, dass die von Ihnen illegalisierten Menschen meiner Meinung nach einer krassen menschenverachtenden Abschiebepolitik entgegenblicken, falls sie es nach Deutschland schaffen sollten,, und ihnen wo immer es geht die Einreise erschwert wird. Von einer Duldung der Einreise oder gar staatlichen Willkommenskultur kann leider kaum die Rede sein.  

Abschottungspolitik Europa/Deutschland

Nicht umsonst heißt die Forderung „nieder mit der Festung Europa“. Denn diese Festung ist existent. Die von rechts gewünschter Abschottung ist längst gängige Politik.

Diese Politik gipfelt darin, dass nicht nur der Wunsch auf ein sicheres Leben flüchtender Menschen, sondern auch die tatsächliche Rettung von Menschenleben kriminalisiert wird. Doch das nicht einmal nur von Rechtsaußen. Dass die Rettung von Menschenleben und Solidarisierung sozialer Gruppen untereinander überhaupt zur Politischen Debatte steht stellt ein Absurdum dar, welchem wir uns klar entgegenstellen. 

Die AFD fordert ein Europa der Vaterländer. Einfacher ausgedrückt „jeder kämpft für sich allein“ – am besten natürlich aus einer Stellung der Macht heraus wie unser Staat sie momentan innehat. 

Wir fordern hingegen ein Europa der Solidarität. Eine Alternative zum herrschenden System, welche ohne eine Argumentation, basierend auf der Idee von Grenzen und Nationalstaaten auskommt. 

Aus gegebenem Anlass finden heute an vielen Orten Aktionen der Seebrücke statt mit denen wir uns ausdrücklich solidarisieren. Ein sofortiges Ende der Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung, die Einrichtung einer europaweiten, staatlichen Rettungsmission, sowie die Förderung der zivilen Seenotrettung ist ein Muss! 

Wir fordern dazu auf, sich hier und heute und überall rechtem und faschistischem Gedankengut entgegen zu stellen. Wir fordern klare Haltung aller demokratischen Parteien gegen die AFD. 

Zeigen wir, dass eine andere Welt möglich ist! Jenseits von nationalistischem Denken, Ausgrenzung und kapitalistischen Verwertungszwängen. 

Denn eines ist klar: Nationalismus ist keine Alternative! 


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