MACHT.RECHT.GESELLSCHAFT?

Redebeitrag Demonstration am 13.08.2021

Posted: August 24th, 2021 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Redebeitrag Demonstration am 13.08.2021

Hier dokumentieren wir unseren Redebeitrag, den wir zeitgleich bei Demonstration am 13.08.2021 in Münster und Dortmund zum geplanten Versammlungsgesetz NRW gehalten haben:

Wir vom AK Zu Recht Münster sind heute hier, um über das geplante Versammlungsgesetz zu sprechen. Wir schicken solidarische Grüße an die Genoss*innen nach [Dortmund / Münster], die jetzt gerade [auf dem Mehmet-Kubaşik-Platz/ vor der Bundespolizei] stehen und dort gegen das geplante Gesetz demonstrieren. Und wir rufen dazu auf, am 28. August nach Düsseldorf zur zweiten Großdemo zu kommen. Denn dieses Gesetz ist ein Angriff auf die Versammlungsfreiheit und muss unbedingt gestoppt werden.

Die Versammlungsfreiheit ist ein zentrales Freiheitsgrundrecht. Ein Freiheitsgrundrecht ist dafür da, Menschen vor Übergriffen der öffentlichen Gewalt zu schützen. Jeder Mensch kann sich darauf berufen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Umgekehrt ist es der Staat, der sich für jeden Eingriff in die Versammlungsfreiheit rechtfertigen muss. Wie schon beim autoritären Polizeigesetz vor drei Jahren, will Innenminister Reul gerade diese Eingriffsmöglichkeiten der Polizei massiv ausbauen – und die ehemalige Bürgerrechtspartei FDP steht daneben und klatscht Beifall.

Die Versammlungsfreiheit wird im Grundgesetz garantiert, sie ist aber nicht einfach da, sie muss aktiv eingefordert werden – und das immer wieder von Neuem. Bereits in den 80er Jahren, im Nachgang an eine illegalisierte Demonstrationen gegen das Atomkraftwerk Brokdorf, stellte das Bundesverfassungsgericht sich auf die Seite der Demonstrierenden. Es betonte, dass die Versammlungsfreiheit „unmittelbarste[r] Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit” und “eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt“ ist.

Wegen dieser zentralen verfassungsrechtlichen Bedeutung muss ein Versammlungsgesetz polizeiliche Eingriffe auf ein absolutes Mindestmaß beschränken und glasklar festschreiben, wann die Polizei gegen Demonstrationen vorgehen kann. Stattdessen sind viele Begriffe im geplanten Gesetz extrem unbestimmt, d.h. sie können in viele verschiedene Richtungen ausgelegt und interpretiert werden. Sowohl die Gesetzesbegründung als auch Presseäußerungen legen nahe, dass es hier insbesondere um die Verhinderung antifaschistischer und klimaaktivistischer Protestformen geht. Insbesondere Schwarze Menschen und People of Colour werden auch weiterhin aufgrund des institutionellen Rassismus in der Polizei besonders stark von erweiterten Eingriffsbefugnissen betroffen sein. Dieser Rassismus zeigt sich übrigens besonders deutlich im racial profiling der Bundespolizei.

Der Gesetzesentwurf der Landesregierung ist ein Versammlungsverhinderungsgesetz. Mit dem Gesetz würde das Anmelden von Demonstrationen schwieriger, weil die Polizei mehr Informationen von Versammlungsleitung und Ordner:innen verlangen kann und die Anmeldefrist sich verlängert. Jede größere Demonstration könnte in Zukunft gefilmt werden – sowohl durch sog. „Übersichtsaufnahmen“ von oben als auch durch versteckte Kameras oder kleine Drohnen. Diese Maßnahmen wirken abschreckend auf Demonstrationsteilnehmer*innen und beschneiden damit in rechtstaatlich bedenklicher Weise das Grundrecht der Versammlungsfreiheit.

Auch sonst ist das Gesetz politisch völlig daneben, was sich am sog. Militanzverbot zeigt. Das sog. Militanzverbot soll es ermöglichen Demonstrationsteilnehmer*innen von einer Versammlung auszuschließen, wenn diese die “falsche” Kleidung tragen und dadurch angeblich “einschüchternd” wirken. In der Gesetzesbegründung werden an dieser Stelle SA und SS mit Ende Gelände-Aktivist*innen und dem „gefährlichen schwarzen Block“ in einem Atemzug als Beispiele genannt. Diese historisch völlig verquere Darstellung zeigt, dass es dem Gesetz um die Kriminalisierung linker Protestformen geht, und nicht – wie behauptet – um den Kampf gegen die extreme Rechte. Dabei zeigt sich einmal mehr, was die kürzlich verstorbene Ausschwitz-Überlebende Esther Bejarano gesagt hat: „Wer gegen die Nazis kämpft, der kann sich auf den Staat nicht verlassen.“

Wir dürfen nicht zulassen, dass dieses Gesetz durchkommt. Schon bei der ersten Großdemo im Juni hat die Polizei völlig freigedreht, Journalist*innen überrannt und hunderte Personen stundenlang gekesselt. Diese Polizei darf nicht mehr Befugnisse bekommen. Wir brauchen kein autoritäres und repressives Versammlungsgesetz, das nichts mehr von der Versammlungsfreiheit übriglässt. Gute Politik bewegt sich nicht an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit, sondern schützt verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten.

Deswegen sind wir heute hier, deswegen sind wir am 28. August in Düsseldorf und zeigen der Landesregierung, was wir von ihrem Gesetz halten. Wir lassen uns unsere Demonstrationsfreiheit und unser Recht auf Protest nicht nehmen. Wir rufen Euch deshalb alle auf: Kommt noch einmal mit uns! Wenn wir den Druck der letzten Demo aufrechterhalten, kippen wir dieses verdammte Gesetz! Vielen Dank!


Redebeitrag Demonstration am 01.07.2021

Posted: July 2nd, 2021 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Redebeitrag Demonstration am 01.07.2021

Hier dokumentieren wir unseren Redebeitrag bei der Demonstration am 01.07.2021 in Münster zum geplanten Versammlungsgesetz NRW:

Ich bin heute hier vom AK Zu Recht Münster um inhaltlich über das geplante VersG zu sprechen, das ganz klar einen Angriff auf die Versammlungsfreiheit darstellt. Der Entwurf der Landesregierung reiht sich ein in eine repressive Politik, wie schon die Verschärfung des PolG 2018 deutlich machte.

An den einzelnen Maßnahmen im neuen Gesetz sehen wir, dass das VersG komplett aus einer polizeilichen und nichtaus einer grundrechtlichen Perspektive geschrieben ist. Und das ist der Landesregierung unter Laschet und auch Innenminister Reul und der FDP 100 % klar, auch wenn es jetzt zum Teil bestritten wird.

Zur Versammlungsfreiheit

Kurz zur Versammlungsfreiheit generell. Sie ist ein Freiheitsgrundrecht, das Personen vor Übergriffen der öffentlichen Gewalt schützen soll. Jede Person kann sich darauf berufen, ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen. Umgekehrt muss sich der Staat für jeden Eingriff in die Versammlungsfreiheit rechtfertigen. Der Staat kann also durch ein Gesetz nur dann darin eingreifen, wenn die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs gewahrt ist. Verhältnismäßig ist der Eingriff nur, wenn die verschiedenen Interessen abgewogen werden. Verhältnismäßig muss zum einen das Gesetz selbst sein, das eingreift, aber auch das einzelne Handeln der Polizei vor Ort.

Das VersG ist so ein Gesetz, durch das in das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit eingegriffen wird. Darin wird geregelt unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Rechten und Pflichten sich Menschen versammeln können. Dabei ist die Verhältnismäßigkeit nicht aus den Augen zu verlieren. Das heißt, dass im Einzelnen und unter Einbeziehung der Einzelumstände, Intensität des Eingriffs und der demokratiekonstitutiven Bedeutung der Versammlungsfreiheit abgewogen werden muss.

Dass die Versammlungsfreiheit nicht von alleine einfach da ist, obwohl sie uns im Grundgesetz garantiert wird, sondern sie eingefordert werden muss, haben wir am Samstag in Düsseldorf gesehen. Das haben wir aber auch schon in den 80er Jahren in Brokdorf gesehen. Dort wollten ca. 100.000 Personen rund um das Kraftwerk Brokdorf, das gerade im Bau war, demonstrieren. Die Großdemo wurde durch die Behörden verboten. Das war auch bekannt, aber Menschen haben sich trotzdem auf den Weg zur Versammlung gemacht mit der Aussage: Wenn ihr uns nicht zum Bauplatz lasst, ziehen wir eben durch die Städte. Die Polizei hat dann entschieden, die Leute zur verbotenen Versammlung zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht stellte in einem Beschluss später fest, dass die Versammlungsfreiheit = “unmittelbarster Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit” und “eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt [ist], welches für eine freiheitliche demokratische Staatsordnung konstituierend ist” (Brokdorf-Beschluss, BVerfG).

Bei dieser Vorgeschichte könnte erwartet werden, dass der Gesetzgeber sich bemüht, die VersFreiheit zu schützen. Das tut die Landesregierung mit ihrem Entwurf aber nicht: Die Beschneidung der Versammlungsfreiheit zieht sich wie ein roter Faden durch dieses Gesetz!

Zum Entwurf des VersG

Das Versammlungsverhinderungsgesetz wurde von der NRW-Landesregierung von CDU und FDP eingebracht. Die einzelnen Änderungen erschweren Versammlungen massiv und geben der Polizei vielmehr Möglichkeiten, in Versammlungen einzugreifen. Auch deshalb wurde der Entwurf zu recht als „schärfer als in Bayern“ (taz) bezeichnet.  NRW plant damit das härteste Gesetz im Vergleich zu den Versammlungsgesetzen anderer Bundesländer!

Durch den Entwurf wird beispielsweise die Anmeldung von Versammlungen erschwert, weil mehr Infos angegeben werden müssen und die Frist sich verlängert.

Super viele Begriffe im Gesetz sind außerdem extrem unbestimmt, d.h. sie können in viele verschiedene Richtungen ausgelegt bzw. interpretiert werden. Sowohl die Gesetzesbegründung als auch Presseäußerungen legen nahe, dass es hier insbesondere um die Verhinderung antifaschistischer und klimaaktivistischer Protestformen geht. Insbesondere Schwarze Personen und People of Colour werden auch weiterhin aufgrund des institutionellen Rassismus in der Polizei besonders stark von erweiterten Eingriffsbefugnissen betroffen sein.

Es soll außerdem mehr Videoüberwachung auf Versammlungen durch sogenannte Übersichtsaufnahmen ermöglicht werden (auch wenn wir dies auch schon jetzt von Demos kennen, kann die Polizei zumindest darauf verwiesen werden, dass sie das anlasslos nicht darf). Diese Videos sollen unter Umständen auch zur Identifikation von Einzelpersonen genutzt werden können. Neu ist auch, dass verdeckte Aufnahmen zulässig werden, obwohl solche bisher im Grundsatz offen durchgeführt werden müssen, was einen krassen Eingriff darstellt und sehr abschreckend sein kann, überhaupt an einer Versammlung teilzunehmen.

Außerdem enthält der Entwurf ein Störungsverbot und ein sog. Militanzverbot, das auch politisch völlig daneben ist. Das merkt mensch vor allem an der Gesetzesbegründung. Da werden SA und SS mit Ende Gelände-Aktivist*innen und dem „gefährlichen schwarzen Block“ in einem Atemzug als Beispiele genannt, was Reul auch neulich wieder in Interviews deutlich gemacht hat.

Wie wir am Samstag gemerkt haben, hätte es gravierende Auswirkungen, wenn das Gesetz so durchgeht, weil es der Polizei noch mehr Befugnisse geben würde. Unter dem öffentlichen Druck distanzieren sich jetzt plötzlich CDU und FDP zumindest zum Teil vom ursprünglich geplanten VersG. Sie möchten eine geringfügig „abgeschwächte“ Form des Entwurfes verabschieden, aber auch das ist nicht tolerierbar und würde die Versammlungsfreiheit nachhaltigbeschädigen.

Versammlungsverhinderungsgesetz

Deshalb lasst uns jetzt nochmal alle Energien bündeln und die Aufmerksamkeit nutzen, um das Gesetz komplett zu verhindern. Wir wissen, dass es hier nicht wie vorgegeben um den „Kampf gegen rechts“ geht, denn die extreme Rechte ist in Parteien organisiert und sitzt in Parlamenten und ist nach dem zahlreichen Aufliegen von Polizei-Chatgruppen mit volksverhetzenden Inhalten, Polizeigewalt und Toten in oder durch Polizeigewahrsam auch in der Polizei präsent. Der Plan der Landesregierung, das Gesetz in Zeiten der Pandemie, wo die VersFreiheit schon aus praktischen Gründen eingeschränkt ist, durchzubringen, wird nicht aufgehen! Wir brauchen keinen autoritären und repressiven Entwurf aus polizeilicher Perspektive, der nichts mehr von der Versammlungsfreiheit übriglässt. Gute Politik bewegt sich nicht an der Grenze zur Verfassungswidrigkeit, sondern schützt verfassungsrechtlich garantierte Freiheiten so umfangreich wie möglich – insbesondere, wenn es um so sensible Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit geht.

Jetzt können wir nochmal so richtig laut sein, die Aufmerksamkeit ist jetzt da.

Deshalb nochmal: VERSAMMLUNGSGESETZ – STOPPEN JETZT!


Veranstaltung 17.05.2021 “Solidarität muss praktisch werden – Kritische Rechtsarbeit in der Praxis”

Posted: April 29th, 2021 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Veranstaltung 17.05.2021 “Solidarität muss praktisch werden – Kritische Rechtsarbeit in der Praxis”

Studienjahre, Zeit für kritische Diskussionen über Machtstrukturen im Recht, Probleme im Zugang zu Rechten und Vielem mehr – aber was kommt danach? Wie kann aus der Kritik am Recht eine emanzipatorische Praxis entwickelt werden? Gemeinsam mit Saskia Piotrowski, Gründerin eines Anwält*innenkollektivs in Köln, und Friederike Boll, Anwältin in der Kanzlei geRechtsanwältinnen in Frankfurt, wollen wir zum einen einen Blick darauf werfen, was es braucht, um ein kritisches Anwält*innenkollektiv zu verwirklichen. Und außerdem anhand des Beispiels von strategischer Prozessführung zur Gleichbehandlung von Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität zeigen, wie eine emanzipatorische [Anwält*innen] praxis umgesetzt werden kann.

Nachdem wir uns in den vergangenen Semestern viel mit der Kritik am materiellen Recht, an Strafe und dem juristischen Studium auseinandergesetzt haben, wollen wir mit dieser Veranstaltung einen Schritt in Richtung Utopie gehen. Wir wollen mit euch überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, Recht auch als widerständisches Instrument einzusetzen.
Die Veranstaltung richtet sich sowohl an Jura-Studierende als auch an Studierende anderer Fachrichtungen. Wir freuen uns auf einen Austausch mit euch im Anschluss an das moderierte Gespräch mit den beiden Referierenden.

Die Veranstaltung wird organisiert vom AK Zu Recht. Da wir uns nun alle am Ende unseres Jurastudiums befinden soll die Veranstaltungen dieses Semester sich damit beschäftigen, warum mensch überhaupt Jura studiert, wie mensch sich während des Studiums organisieren und wie es nach dem Jurastudium weitergehen kann. Dazu organisieren im Laufe des Semesters Lesekreise, die hoffentlich ab Juni in Präsenz stattfinden können.

Die Veranstaltung findet online statt.

https://wwu.zoom.us/j/63741519827?pwd=T2MzcUlOV2JhMElaNStnYzNWWGYyZz09

Meeting-ID: 637 4151 9827
Kenncode: 851451


Stellungnahme zum Themenkreis “Im Namen des Volkes?” beim diesjährigen JuraForum

Posted: December 17th, 2020 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Stellungnahme zum Themenkreis “Im Namen des Volkes?” beim diesjährigen JuraForum

Ein rechtswissenschaftlicher Diskurs, sowie eine kritische Auseinandersetzung mit diesem muss reflektieren, wo diskriminierende Praktiken (auch ungewollt) reproduziert werden. Deshalb werden wir uns im Folgenden mit dem Themenkreis “Im Namen des Volkes? Die Bedrohung unseres Rechtsstaats durch Parallelgesellschaften” des JuraForums 2020 . [1] auseinandersetzen und einige unserer Kritikpunkte ausführlicher darstellen. Dabei möchten wir zunächst auf den Ankündigungstext eingehen, der den Rahmen der Veranstaltung setzt und die Grundannahmen des Organisationskreises in Bezug auf die Thematiken zu erkennen gibt, sowie im Weiteren damit verknüpfte Problematiken genauer erläutern. Im zweiten Abschnitt werden wir uns mit der Podiumsbesetzung (Rainer Wendt, Manuel Ostermann, Dr. Arabella Pooth, Dr. Ralph Ghadban, Thomas Jungbluth, Sebastian Fiedler) befassen und uns im dritten Abschnitt mit der Reaktion auf unsere Kritik auseinandersetzen.

Wir möchten ausdrücklich klarstellen, dass es uns hier nicht um eine persönliche Kritik an den einzelnen Organisator:innen geht. Wir haben uns entschieden, diesen Beitrag zu verfassen, da wir vor und nach dem diesjährigen JuraForum in Diskussionen um dessen Problematiken auf großes Unverständnis bezüglich unserer Kritik gestoßen sind und erhoffen uns, dass dieser Beitrag die Kritik etwas nachvollziehbarer macht. Dieser Beitrag soll daher am Beispiel des JuraForums dazu anregen, rassistische Narrative und Diskurse sowie deren Verschiebung zu erkennen und zu hinterfragen. Hierbei setzen wir ein gewisses Problembewusstsein voraus, möchten aber mit diesem Text auch diejenigen abholen, die sich bisher mit diesen Problemen noch nicht auseinandergesetzt haben und die sich ein solches bisher nicht angeeignet haben.

Dieser Text beruht auf der Grundannahme, dass wir alle in einer rassistischen Gesellschaft aufgewachsen und somit rassistisch sozialisiert sind.  Strukturell werden also People of Color und Schwarze diskriminiert und Weiße Personen privilegiert. Dies ist zunächst keine Schuldzuweisung, sondern soll eine strukturelle Benachteiligung offenlegen und es möglich machen, (un-/absichtliche) rassistische Verhaltensweisen zu erkennen und kritisch zu reflektieren.

I. Ankündigungstext

Bereits der Ankündigungstext[2] enthält problematische Begriffe und vermittelt damit eine bestimmte Perspektive, ohne dies klarzustellen. Er reproduziert somit (unbewusst) Rassismen.

1. „Clan-Kriminalität“

Im Ankündigungstext wird geschrieben, dass “berühmtberüchtigte Clans” ein “dokumentiertes Phänomen” seien. Woher dieser Begriff kommt, wer ihn definiert und wie er definiert wird, welche Definition das JuraForum nutzen möchte, wird im Ankündigungstext nicht erläutert oder als Leerstelle benannt. Dass es bis heute keine wissenschaftlich anerkannte Definition von „Clan-Kriminalität“ gibt und dass dieser Begriff von dem BKA[3] geschaffen und definiert wurde, kommt nicht vor. Hinzu kommt, dass dieser Begriff selbst in den Ländern unterschiedlich verwendet wird.

Das Lagebild zur „Clankriminalität“ aus dem Jahre 2018 des Landeskriminalamtes Nordrhein-Westfalen[4] macht dies beispielhaft deutlich:

„Der Begriff ‚Clankriminalität‘ ist nicht legal definiert. Auch auf polizeifachlicher Ebene besteht weder im Bund noch in den Ländern ein einheitliches Verständnis darüber, welche Kriterien einen ‚Clan‘ ausmachen, ab wann eine Gruppierung dem zuzurechnen ist und welche Phänomene und Sachverhalte unter ‚Clankriminalität‘ zu subsumieren sind. Konsens besteht in dem Aspekt, dass sich Clans durch ethnische Geschlossenheit und abgeschottete, auf Familienzugehörigkeit reduzierte Strukturen definieren.[…] Dieses ergänzende Attribut führt vor dem Hintergrund der aktuellen polizeilichen Erfahrungen dazu, den Begriff ‚Clankriminalität‘ zunächst in erster Linie auf türkisch-arabisch-stämmige Großfamilien zu begrenzen, deren Angehörige der Bevölkerungsgruppe der Mhallamiye zuzuordnen sind. Aufgrund ihrer Migrationshistorie und unklarer Staatsangehörigkeitenerfasst das Lagebild auch arabische Großfamilien mit vermeintlich libanesischen Wurzeln.“[5]

In Niedersachsen zielt zum Beispiel die Statistik zur Erfassung von „Clan-Kriminalität“ auf die ethnische Herkunft der Täter:innen über den sog. Hilfsindikator Familiennamen.[6] Das zeigt unter anderem folgender Fall, von dem der Journalist Mohamed Amjahid berichtet:

Am 18. April 2017 stoppten niedersächsische Polizisten einen Hochzeitskonvoi mit 13 Fahrzeugen auf der Bundesautobahn 2 nahe Hannover. Das Vergehen: ‚Fahren mit einer Geschwindigkeit von circa 20 Kilometer pro Stunde auf allen drei Fahrstreifen über einen Zeitraum von circa zehn Minuten.‘ So steht es in einem internen Bericht des LKA Niedersachsen. Es gab keine Unfälle und keine Verletzten, auch keine unmittelbare Gewaltanwendung. Weil die 13 Fahrzeugführer allerdings einen bestimmten türkischen Nachnamen trugen, gingen 13 Einträge in die niedersächsische Statistik zur sogenannten Clan-Kriminalität ein.“[7]

Daher argumentiert Mohamed Amjahid in einem frontal_-Beitrag, dem YouTube-Format des investigativen Magazins frontal21 des ZDF: „Wenn die Polizei […] sagt, alle Müllers sind kriminell, dann reicht es schon, diesen Nachnamen zu tragen“[8] und alle möglichen Straftaten, die unter diesem Namen erfasst werden, würden Teil der Clan-Statistik. Hinzu kommt, dass auch verschiedene Schreibweisen der Nachnamen zur Klassifizierung als Clan-Kriminalität führen und somit über Familiennamen Personen einem „Clan“ zugeordnet werden, obwohl sie sich gar nicht kennen. Dies ist auch der Fall beim Nachnamen „Miri“, der im Ankündigungstext erwähnt wird (unterschiedliche Schreibweisen: Meri, Myri, Mieri, Mehri).[9]

Es wird also völlig undifferenziert ein Begriff übernommen, der auf rassischer Diskriminierung[10] beruht und in der Wissenschaft bereits erhebliche Kritik[11] erfahren hat. Durch die Nutzung dieses Begriffs findet bereits bewusst oder unbewusst eine Positionierung statt, welche rassistische Grundannahmen zum Gegenstand hat.

Auch Mohammad Ali Charourvon der Initiative „Kein Generalverdacht“[12] erklärt, warum der Begriff „Clan-Kriminalität“ rassistisch ist: „Mit Sicherheit sind nicht alle Träger eines gewissen Nachnamens kriminell, aber der Familienname wird dann zum Merkmal von Kriminalität erklärt. Es kann auch niemand erklären, was der Unterschied von Clan und Familie ist. Der Begriff steht dabei als Äquivalent für kriminelle Südländer und er macht es wieder möglich, Rassismus auszuleben, ohne dass es direkt so wirkt. Er kaschiert aber auch ganz geschickt die eigenen Verfehlungen.“[13]

2. „Parallelgesellschaft“

Der Begriff „Parallelgesellschaft“ wird (beabsichtigt oder unreflektiert) sogar im Titel des Themenkreises verwendet. Was mit diesem Begriff genau ausgesagt werden soll, oder ob der Begriff selbst Gegenstand einer Diskussion werden soll, bleibt soweit unklar. Ist Parallelgesellschaft gleichbedeutend mit Paralleljustiz und bedeutet folglich keine Unterwerfung unter das geltende Rechtssystem? Soll geschlussfolgert werden, dass diese Menschen nicht zum Volk gehören? Das wäre jedenfalls, mit dem Hintergrund des gesamten Wordings des Textes, eine Lesart.

Durch die Verwendung des Begriffs „Parallelgesellschaft“ findet ein Othering statt. Othering beschreibt den Prozess, sich selbst und sein soziales Image hervorzuheben, indem man Menschen mit anderen Merkmalen als andersartig, ‚fremd‘ klassifiziert. Die Betonung einer “eigenen Kultur” fungiert hier als Fremdzuschreibung, die klarmacht, dass Angehörige sog. Clans nicht Teil der deutschen Gesellschaft mit “unseren Gerichten” sein können. Auch der Verweis auf ein “dokumentiertes Phänomen” stellt eine undifferenzierte Übernahme des Begriffs „Clankriminalität“ dar, welcher (nicht nur wissenschaftlich) unpräzise ist.[14]
Im Ankündigungstext wird weiterhin davon gesprochen, interne Entscheidungen beruhten auf „familiär-patriarchalischen Grundlagen“. Wir begrüßen eine kritische Reflektion patriarchaler Strukturen, allerdings sollte dies nicht nur in ‚fremden‘ Kulturen geschehen, sondern auch in Bezug auf die Gesellschaft in Deutschland und ist für ein abzulehnendes Othering ohnehin nicht geeignet. Wage- Gap, #metoo, ungleich verteilte Care-Arbeit, Redeanteile usw. – das alles sind auch Probleme, welchen sich eine Weiße Mehrheitsgesellschaft stellen muss. Eine feministische Perspektive ist im Hinblick auf gesellschaftliche Strukturen immer wichtig. Fraglich bleibt, ob dies durch überwiegend (Weiße) Männer adressiert werden kann, welche nach eigenen Angaben nicht zu diesem Teil der Gesellschaft gehören und welche sich in der Vergangenheit nicht im Kampf für Frauen*rechte hervorgetan haben. Ist Frauen*schutz und Teilhabe also ein ernsthaftes Motiv, oder ein solches, das unter dem Deckmantel wissenschaftlicher Objektivität Rassismen reproduziert?

Auch die Vermengung mit ‚religiösen Motiven‘ ist zum einen Ausdruck antimuslimischen Rassismus und beschreibt zum anderen eine orientalistische Darstellung. „Orientalismus in seiner abstrakt-konzeptionellen Auslegung beschreibt das Prinzip, mit dem machtpolitisch dominante Kulturen vermeintlich andere Kulturen repräsentieren und diese damit eigentlich erst schaffen. Diese hegemoniale Repräsentation ermöglicht durch Betonung bestimmter Stereotypen und Verhaltensmuster letztlich die Positionierung des Eigenen als überlegen.“[15]

4. Institutioneller Rassismus und rassistische Polizeigewalt

Im Ankündigungstext wird die Frage aufgeworfen, „welche Rollen (…) da eine Rap-Musik“ spiele, „die mit Zeilen wie „Du wirst in Berlin in deinen Arsch gefickt wie Wowereit – Yeah, fick die Polizei – LKA, BKA“ (Bushido, Stress ohne Grund) bei vielen Jugendlichen gerade mit Migrationshintergrund ein grundsätzliches Misstrauen gegen staatliche Institutionen hervorruft?“

An dieser Aussage lässt sich in vielerlei Hinsicht Kritik üben

Zum einen wird damit eine Unterscheidung zwischen Menschen mit und ohne sog. Migrationshintergrund getroffen. Diese Unterscheidung zieht sich auch durch andere Teile des Textes, in welchen von „unseren Parlamentsgesetzen“, „unseren Gerichten“ sowie „unserer Rechtsordnung“ gesprochen. Auch hier wird Othering betrieben. Zum anderen wird die These aufgestellt, Rap-Zeilen wie diese würden „ein grundsätzliches Misstrauen in staatliche Institutionen hervorrufen“. Ist es wirklich diese Rapzeile, die bei Jugendlichen mit sog. Migrationshintergrund Misstrauen in die Polizei hervorruft oder gibt es polizeiliche Praxen, die dafür schon selber sorgen?[16]

In einer rassistisch geprägten Gesellschaft, ist auch die Polizei nicht frei von Rassismus. Vielmehr zeigt er sich in ihren behördlichen Strukturen. Vanessa Eileen Thompson erklärt für die Bundeszentrale für politische Bildung, dass der Begriff institutioneller Rassismus

auf das Zusammenwirken von gesellschaftlichen und staatlichen Institutionen und Behörden, ihren Normen und Praktiken in der Produktion und Reproduktion von Rassismus [verweist]. Rassismus wird in dieser Betrachtungsweise nicht als rein individuelles Fehlverhalten verstanden, sondern als durch gesellschaftliche Strukturen reproduziertes Phänomen der Ausgrenzung, Dehumanisierung, systematischen Benachteiligung und Gewalt sowie der ungleichen Ressourcenverteilung.“[17]

Rassistisches Polizeiverhalten äußert sich beispielsweise in der Maßnahme des Racial Profiling, das durch Gerichte bereits als rechtswidrig erklärt wurde.[18]

Auch Razzien in Shishabars sind Ausdruck rassistischer Polizeipraxis. In Berlin wurden 2019 insgesamt 382 Razzien in Shishabars durchgeführt, in NRW waren es sogar 870. Dadurch werden Eigentümer:innen kriminalisiert und es findet eine Ethnisierung von Kriminalität statt.[19] Diese ständig wiederholten Darstellungen verfangen. Die gefühlte Unsicherheit steigt, obwohl die reale Kriminalität sinkt.[20] Wie Medienwissenschaftler:innen und Rassismusforscher:innen seit Jahren warnen, bilden diese Art von Diskursen vor allem aber den Nährboden für rassistische Gewalt.[21] Während nach den Morden in Hanau zwar auch in vielen Medien Kritik an der bei jedem rechten Anschlag behaupteten Einzeltäterdarstellung aufkam, wurde ein naheliegender Gedanke nicht geäußert: Dass der mutmaßliche Mörder Tobias R. ausgerechnet ein Shisha-Café zum Anschlagsziel machte, dürfte kein Zufall gewesen sein. Vielmehr sind diese Bars durch die Razzien und die Berichterstattung neben Moscheen zu dem Symbol für angebliche „Parallelgesellschaften“ und „Überfremdung“ geworden.“[22]

Anhand dieser Zusammenschau wird ersichtlich, dass es keine Rapzeilen braucht, um der Polizei kritisch gegenüber zu stehen.

5. Rechte Diskurse

Im Ankündigungstext wird die Frage aufgeworfen, „inwiefern (…) der deutsche Staat beispielsweise bei der Integration von Flüchtlingswellen nach Bürgerkriegen wie zum Beispiel im Libanon versagt (hat) und was (…) er daraus in Bezug auf die Menschen, die aus Syrien zu uns gekommen sind, lernen“ kann. 

Zunächst ist die Verwendung des Begriffs “Flüchtlingswellen” sehr problematisch. Dieser Begriff legt nahe, das ‘Innere’ der Gesellschaft werde von ‘Außen’ bedroht und ruft Assoziationen zu Begriffen wie ‘Dammbruch’ oder ‘Ertrinken’ hervor. Des Weiteren werden so Geflüchtete durch Narrative dieser Art mit „Clan-Kriminalität“ verbunden. Rassistische Zuschreibungen dieser Art werden insbesondere durch völkische Bewegungen genutzt, um den Diskurs insgesamt nach rechts zu verschieben, müssen also vermieden werden und sind auch nicht objektiv. Wie gefährlich solche Diskursverschiebungen sind und welche Rolle die Medien dabei spielen, erklären die Neuen Deutschen Medienmacher*innen.[23]

Mit dem letzten Satz wird des Weiteren deutlich, dass die Ursache der Entstehung von sog. Parallelgesellschaften bekannt ist, und zwar, dass zugewanderte Menschen vernachlässigt werden. Diese werden als Angehörige bestimmter Bevölkerungsgruppen gesellschaftlich ausgeschlossen und gewollt exkludiert. Wie kommt es dazu, dass die falschen Schlussfolgerungen gezogen werden, nämlich, dass die Personen wegen ihrer “eigenen Kultur” nichts von Rechtstaatlichkeit wissen oder kennen? Durch die Kollektivierung werden diese Personen entindividualisiert, sodass nicht mehr ein einzelner Mensch, sondern nur noch die ‘bedrohliche Masse’ gesehen wird.

Unserer Kritik wird wahrscheinlich damit begegnet werden (und wurde auch), dass ja solche Punkte, wie z.B. die Probleme der Datenerhebung etc. auf dem Podium diskutiert werden sollen und eine Bühne zum Austausch geboten werden soll. Aber mit dem Ankündigungstext und der Auswahl der Referent:innen zeigt das Jura Forum, dass es voreingenommen an die Diskussion herangeht: Clans (was auch immer das bedeuten mag) sind kriminell = Menschen mit bestimmter ethnischer Zugehörigkeit sind kriminell.

Die Formulierung des Ankündigungstextes im Allgemeinen rührt also aus einer falschen Datenlage und kann damit v.a. die vorgegebene objektive Berichterstattung und neutrale Diskussion nicht gewährleisten. Dies führt sich fort in der Einladung von vier Polizisten, die dieser Institution angehören.

II. Podiumsbesetzung

Ähnlich wenig differenziert wirkt auf uns die Auswahl der Podiumsteilnehmer:innen. Vier der sechs Referent:innen sind Polizeibeamte, was ein erhebliches Übergewicht einer repressiven Perspektive vermuten lässt. Auch leuchtet nicht ein, weshalb bei einer Diskussion um das Thema der Entstehung von „Clan-Kriminalität“ gerade Polizist:innen als Expert:innen verstanden werden. Die Perspektive der Polizei ist sicher eine von mehreren, die an dieser Stelle gehört werden muss, das Thema bietet sich jedoch geradezu an für Vertreter:innen der Soziologie, Kriminologie und Sozialen Arbeit.

Besonders problematisch erscheint uns die Einladung des Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. Aus Wendts 2016 erschienenem Buch sind u.a. folgende Aussagen überliefert: “Ich kann jeden verstehen, der sagt, dies ist überhaupt kein Rechtsstaat mehr.” Und: “Die Staatsführung schert sich nicht um die Einhaltung des Rechts.” Zu einem zuvor angesprochenen Urteil des OVG Rheinland-Pfalz, das das sog. Racial Profiling für rechtswidrig erklärte, äußerte Wendt: „Man sieht wieder einmal, die Gerichte machen schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus“.[24] Rainer Wendt ist außerdem aufgefallen durch eine Veranstaltung mit Frauke Petry (AfD), einem Interview im extrem rechten Magazin “junge Freiheit”[25] sowie Interviews mit dem ebenfalls extrem rechten “Compact Magazin”.[26]

Schon diese Zitate sollten ausreichen, um Wendt als Gesprächspartner für eine Diskussionsrunde zu disqualifizieren.

Das Ansinnen, Vertreter:innen der Polizei anwesend zu haben, können wir nachvollziehen. Uns ist auch klar, dass es keine Personen gibt, die immer allen als geeignet erscheinen, auf einem Podium zu sitzen. Doch warum gerade Rainer Wendt, von welchem sich selbst Vertreter der äußerst konservativen deutschen Polizeigewerkschaft  schon distanzierten, [27] hier als geeignet angesehen wurde, die Position der Polizei zu repräsentieren, erschließt sich uns nicht. Darüber hinaus ist die DPolG eine, aber nicht die einzige oder größte Gewerkschaft in der Polizei. Zudem saß nicht einmal ein:e Vertreter:in der GdP auf dem Podium, dafür aber mit Wendt und Ostermann direkt zwei Vertreter der DPolG. All diese Punkte sprechen für die Voreingenommenheit des Podiums hin in eine ganz bestimmte Richtung.

Rainer Wendt ist bekannt dafür, eine aktive Diskursverschiebung nach rechts zu betreiben. Die gewählte Thematik und die Weise, auf die diese von den Veranstaltenden angegangen wird, bietet sich für eine solche Diskursverschiebung an und ist Wasser auf die Mühlen derer, welche auf Narrative und Pauschalisierungen setzen möchten anstatt auf wissenschaftliche Erkenntnisse und repräsentative Beispiele und bietet diesen eine Bühne. Und eine Bühne bleibt eine Bühne.

III. Reaktion des JuraForums auf Mails vom AStA, dem autonomen BIPoC Referat und der Kritische Jurist*innen Münster

Sowohl der Allgemeine Studierendenausschuss als auch die Kritischen Jurist*innen haben sich mit diesen Bedenken an das JuraForum gewandt. Leider hat nach unserer Wahrnehmung nahezu keine inhaltliche Auseinandersetzung des Organisationsteams mit der Kritik stattgefunden.

Das Organisationsteam begründet die Homogenität des Podiums mit schwierigen Rahmenbedingungen in Zeiten der Pandemie und weist daraufhin, dass dieses Ungleichgewicht durch Beiträge aus dem Publikum „zumindest größtenteils ausgeglichen“ worden sei. Aus unserer Sicht stellt sich hier die Frage, warum die Anzahl der Panelist:innen in diesem Wissen nicht bereits im Vorfeld zugunsten eines ausgewogenen Verhältnisses reduziert wurde. Bei den glücklicherweise kritischen Rückmeldungen aus dem Publikum handelt es sich aus unserer Sicht um reine Zufallsfaktoren, auf die sich die Organisator:innen nicht verlassen konnten.

Weiterhin wird die Kritik am Referenten Rainer Wendt mit der Begründung abgetan, sie stehe in keinem „unmittelbaren Zusammenhang“ zum Thema des JuraForums. Gerade im gewählten Kontext erachten wir die Teilnahme von Rainer Wendt als besonders problematisch. Die Thematik bietet sich an für eine aktive Diskursverschiebung, für die Rainer Wendt bekannt ist.

Zuletzt halten wir die Antwort an den AStA, das Thema sei “in einem zu umfassenden Sinne” verstanden worden, da es in der Diskussion “sehr konkret um relativ klar abgegrenzte Personengruppen aus ganz bestimmten Familienstrukturen” gegangen sei und nicht z.B. um “Ausländerkriminalität”, nicht für angemessen. Auch im Rahmen einer thematischen Fokussierung ist ein Bewusstsein dafür notwendig, welche Faktoren außen vorgelassen werden. Geschieht dies nicht, scheint es, als würden einfache Lösungen für komplexe Probleme gesucht – wie sie Populist:innen beispielsweise der AfD gerne anbieten.

IV. Fazit

Aufgrund der besonderen Nähe des JuraForums zur juristischen Fakultät ist ein solches Panel aus unserer Perspektive nicht tragbar. Nicht nur hat das JuraForum durch sein langjähriges Bestehen ein gewisses Standing an der Fakultät und unter den Studierenden entwickelt, es besteht auch eine strukturelle Nähe zum Freundeskreis Rechtswissenschaft e.V. aufgrund der Unterstützung durch die JurStart GmbH. Die fragwürdige inhaltliche Ausrichtung und unhinterfragte Übernahme problematischer Begriffe erfährt somit eine gewisse Legitimation durch die Unterstützer:innen des JuraForums.

Wir befürchten, dass den Organisator:innen bei der Vorbereitung der Veranstaltung diese Problematik jedenfalls nicht vollständig bewusst war, hoffen, dass durch unsere Ausführungen unsere Kritik nun klarer nachvollziehbar ist und möchten dafür werben, dass zukünftige Teilnehmende und Unterstützer:innen des JuraForums ein Bewusstsein für die Reproduktion diskriminierender Strukturen entwickeln.

Münster, 17. Dezember 2020

Kritische Jurist*innen & AK Zu Recht Münster

P.S. Eine kurze Zusammenfassung unserer Stellungnahme findet Ihr auf unserer Facebook-Seite.

[1] „Das JuraForum ist ein seit 1998 jährlich stattfindendes Symposium, auf dem aktuelle und gesellschaftlich bedeutsame Themen in juristischer, interdisziplinärer Hinsicht behandelt werden und das von Münsteraner Studenten organisiert wird.“ https://www.juraforum.net/

[2] https://www.juraforum.net/im-namen-des-volkes

[3] Laut BKA-Lagebericht 2019 machen Fälle der sog. Clan-Kriminalität insgesamt 7,8 % der Fälle der Organisierten Kriminalität aus, vgl. https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/OrganisierteKriminalitaet/organisiertekriminalitaet_node.html.

[4] https://polizei.nrw/sites/default/files/2019-05/190515_Lagebild%20Clan%202018.pdf.

[5] Ebd., S.7. [Hervorh. d. Verf.].

[6] Vgl. Landeskriminalamt Niedersachsen (2019). Lagebild Clankriminalität

[7] https://www.zeit.de/gesellschaft/2020-05/diskriminierung-clan-kriminalitaet-razzien-polizei-rassismus/komplettansicht

[8] https://www.zdf.de/politik/frontal-21/geheimakte-clan-frontal-100.html. 7:10.

[9] ebd., 7:32.

[10] Für das Verständnis dieses Vorwurfs empfehlen wir die Lektüre des Buches „Recht und Rassismus. Das menschenrechtliche Verbot der Diskriminierung aufgrund der Rasse“ (2019) von Dr. Cengiz Barskanmaz, möchten für unsere Zwecke aber lediglich auf folgende Definitionen hinweisen: „Rasse ist als Ergebnis von Rassifizierungen in einem rassistischen Kontext zu verstehen. Der Zuschreibungsprozess der Rassifizierung (racialization) weist Menschen anhand von Bedeutungsträgern, d. h. bestimmten körperlichen Merkmalen, persönlichen Eigenschaften bzw. kulturellen „Auffälligkeiten“, verschiedenen hierarchisch geordneten Gruppen zu. Diese „rassifizierte Machtdifferenz“ geht mit der Unsichtbarmachung des Weißseins als einer unbenannten, neutralen und normierenden Position einher, die mit strukturellen Vorteilen und Privilegien verbunden ist.“ (S.22)
“Sprachlich bzw. semantisch ist das Adjektiv „rassistisch“ von „Rassismus“ abgeleitet, das Adjektiv „rassisch“ (engl.: racial) hingegen von „Rasse“. Dieser Unterschied wird hier konsequent berücksichtigt. So wird von rassischer Diskriminierung statt rassistischer Diskriminierung gesprochen, da es das treffendere Äquivalent von „Diskriminierung aufgrund der Rasse“ ist. „Rassisch“ und „rassistisch“ dienen in diesem Fall beide dem Begriff der Diskriminierung als Attribut. Im Gegensatz zum Begriff „rassische Diskriminierung“ aber handelt es sich bei dem Begriffspaar „rassistische Diskriminierung“ um eine tautologische Wortbildung, vergleichbar dem Ausdruck „diskriminierender Rassismus“. Der Begriff „rassistische Diskriminierung“ sollte auf Grund der fragwürdigen tautologischen Wirkung verworfen werden, denn im Kontext des Antidiskriminierungsrechts ist Rassismus zwangsläufig immer auch eine Diskriminierung, und umgekehrt. Beides sind negativ konnotierte Begriffe.“
(S.25)

[11] Vgl. Feltes, T., Rauls, F. „Clankriminalität“ und die „German Angst“. Sozial Extra 44, 372–377 (2020).

[12] https://www.facebook.com/keingeneralverdacht/.

[13] https://diefreiheitsliebe.de/politik/der-clan-begriff-macht-rassismus-auch-fuer-linksliberale-akzeptabel-im-gespraech-mit-mohammed-ali-charour/.

[14] Vgl. Fn. 11.

[15] Richter, C. (2015). „Orientalismus und das Andere“ in Handbuch Cultural Studies und Medienanalyse; siehe auch: Said, E. (1978). Orientalism. New York: Vintage Books; Biskamp, F. (2016). Orientalismus und demokratische Öffentlichkeit. Bielefeld.

<[16] https://kop-berlin.de/.

[17] https://www.bpb.de/gesellschaft/migration/kurzdossiers/308350/racial-profiling-institutioneller-rassismus-und-interventionsmoeglichkeiten.

[18] https://ovg.justiz.rlp.de/de/startseite/detail/news/detail/News/pressemitteilung-nr-302012/; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 07.08.2018 – 5 A 294/16, https://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2018/5_A_294_16_Urteil_20180807.html.

Dennoch möchte Innenminister Horst Seehofer keine Studie dazu in Auftrag geben (mit der Begründung racial profiling sei verboten). Stattdessen soll die Deutsche Hochschule der Polizei in Münster die Untersuchung „Motivation, Einstellung und Gewalt im Alltag von Polizeivollzugsbeamten – MEGAVO“ durchführen. Vgl. https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2020-12/horst-seehofer-rassismus-polizei-studie-rechtsextremismus.

[19] Vgl. Fn. 8, 2:36; 10:21.

[20] https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/PolizeilicheKriminalstatistik/PKS2019/ pks2019_node.html

[21] https://www.mdr.de/wissen/mdr-doku-vom-wort-zur-tat-100.html

[22] Vgl. Fn. 8; 10:26.

[23] https://www.youtube.com/watch?v=p7vWNEALR2U.

[24] https://www.welt.de/politik/deutschland/article110401181/Hautfarbe-darf-kein-Kontrollgrund-sein.html

[25] https://jungefreiheit.de/debatte/kommentar/2019/es-ist-auch-hoechste-zeit/.

[26] https://www.sueddeutsche.de/politik/rainer-wendt-staatssekretaer-sachsen-anhalt-1.4695462.

[27] https://www.sueddeutsche.de/panorama/dpolg-polizeigewerkschafter-aus-nrw-treten-wegen-fall-wendt-zurueck-1.3410222.


Offener Brief gegen sexistische Diskriminierung von Studierenden der Universität Münster

Posted: December 17th, 2020 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Offener Brief gegen sexistische Diskriminierung von Studierenden der Universität Münster

Studierende unserer Fakultät haben sich zusammengetan und diesen offenen Brief (als PDF) gegen sexistische Diskriminierung in der juristischen Ausbildung verfasst. Wir unterstützen dieses Vorhaben – spread the word!

Sehr geehrtes Dekanat, sehr geehrte Professor:innenschaft,
sehr geehrtes Unirep-Team,

circa die Hälfte der Studierenden der Rechtswissenschaft an der Universität Münster sind Frauen. Wir wollen später einmal Richterinnen, Staatsanwältinnen, Rechtsanwältinnen, Professorinnen, Politikerinnen und Vorstandsvorsitzende werden, kurz gesagt: verantwortungsvolle und einflussreiche Berufe ausüben.

Wir studieren ganz bestimmt nicht Jura, um später einmal bloß die „Ehefrau“ des „gutverdienende[n] Akademiker[s]“ zu sein, die im Urlaub „einen Nervenzusammenbruch [erleidet] und […] in das nahegelegene Krankenhaus zur Behandlung gebracht werden [muss]“, weil ihr Hund durch eine einstürzende Decke verstirbt.[1]

Im täglichen Uni-Kontext werden wir zuhauf mit solchen Sachverhalten und Konstellationen konfrontiert, die uns vermitteln, dass die oben benannten Positionen Männern vorbehalten seien:

  • Frauen wird in den allermeisten Sachverhalten eine dem „weiblichen“ Stereotyp entsprechende, untergeordnete (Neben-)Rolle zugewiesen: Ehefrau, Freundin, Nachbarin, Mutter. Diese Rollen sind konnotiert mit Attributen der Hysterie, Tollpatschigkeit oder Vergesslichkeit.
  • Demgegenüber sind die Unternehmer, Kaufmänner, Eigentümer, Hersteller, Verrichtungsgehilfen, Abgeordneten, Akademiker etc. mehrheitlich Männer.

Das bildet erstens unsere heutige Gesellschaft nicht richtig ab und verstärkt zweitens fragwürdige Klischees. Bestehende, oft internalisierte Stereotype über Frauen werden so reproduziert. Diese Reproduktion zeigt sich auch in den Vorlesungen: Wenn es in dem Sachverhalt doch mal eine weibliche Unternehmerin U gibt, schleicht sich nur allzu oft in der Fallbesprechung ein, dass auf einmal selbstverständlich von „dem“ U die Rede ist – so sehr sind wir schon daran gewöhnt, dass es immer ein „er“ ist.

Fast noch vernichtender ist die zweite Form der Diskriminierung, die zu den gelegentlichen sexistischen Kommentaren in den Vorlesungen hinzukommt:

  • Es gibt zahlreiche Sachverhalte, in denen Frauen schlichtweg nicht vorkommen und das nicht nur vereinzelt, sondern häufig auch aufeinanderfolgend in Kursskripten.
  • Zudem werden wir Studierende oftmals ausschließlich mit der männlichen Form angeredet: Etwa in der Vorlesung: „liebe Teilnehmer/Studenten/Kommilitonen“ oder in Skripten, Online-Lektionen und Klausuren: „der Klausurschreiber/der Examenskandidat/der Bearbeiter/der Verfasser“.

Liegt es außerhalb der Vorstellungsmöglichkeiten, dass Frauen in der Rechtswissenschaft und in der Gesellschaft existieren, einflussreiche Positionen übernehmen, Raum einnehmen und präsent sind?

Vielleicht sind die Beispiele unbeabsichtigt und unbewusst zu sexistischen Fallkonstellationen geworden. Dann bitte: Hinterfragen Sie.

Vielleicht sind die Sachverhalte Gerichtsentscheidungen nachgebildet und die darin enthaltenen Rollenbilder entsprechen einem Minimal-Ausschnitt der Realität. Na und? Es gibt auch andere Realitäten und andere Lebenswege von Frauen, die repräsentiert gehören.

Natürlich ist es in Ordnung, wenn sich eine Frau selbstbestimmt dazu entscheidet, Mutter und Hausfrau zu sein. Das heißt aber nicht, dass Sie als Professor:innen an diese Sachverhalte gebunden sind: Drehen Sie die Fälle einfach um. Spielen Sie mit Rollenbildern, indem Sie sie umdrehen; verkehren Sie Stereotype in ihr Gegenteil und es wird sich zeigen, wie absurd sie teilweise sind.

Die Fälle sexistischer Sachverhalte sind mitnichten Einzelfälle, wie es die hamburgische Studie „(Geschlechter)Rollenstereotype in juristischen Ausbildungsfällen“ beweist.[2] Vielleicht mag der rechtswissenschaftliche Inhalt einer Vorlesung für die juristische Ausbildung maßgeblicher und vorrangig sein. Die verwendete Sprache aber hat einen enormen Einfluss auf Sie und auf uns Studierende. Es ist zudem nicht sonderlich schwer, geschlechtergerechte Sprache und nicht-sexistische Sachverhalte zu verwenden.[3] Sehr wenige Professor:innen tun dies bereits, es ist also durchaus möglich.

Deshalb hier ein paar Lösungsansätze für die Zukunft:

Hinterfragen Sie Ihre eigenen Materialien und reflektieren Sie: „Welche Rollenbilder vermittele ich? Welche Folgen hat das?“. Holen Sie sich Unterstützung für die kritische Durchsicht bei Ihren weiblichen studentischen und wissenschaftlichen Hilfskräften und der Gleichstellungsbeauftragten und ändern Sie Ihre Sachverhalte. Dieses Thema liegt mit Sicherheit nicht zum ersten Mal auf Ihrem Schreibtisch. Das Problem ist bekannt und strukturell verankert. Wie wäre es mit einem Seminar zu Geschlechtergerechtigkeit für alle Lehrenden? Entwickeln Sie mehr Sensibilität für und im Umgang mit Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts.

Wir wollen später einmal Richterinnen, Staatsanwältinnen, Rechtsanwältinnen, Professorinnen, Politikerinnen und Vorstandsvorsitzende werden. Und wir wollen, dass das in der juristischen Ausbildung an der Universität Münster anerkannt und angemessen abgebildet wird.

Mia Marie Kundy               Paula Aguilar Sievers                    Maren Prüfer
Sarah Gottstein                  Astrid Naundorf                             Leoni Lake
Charlotte Sommer             Jule Stebner                                    Safa al Hayek
Emma Teske                       Anna Meier                            Nina Steinmetz
Rebekka Gengenbach       Selin Özgüc                               Greta Aghamiri
Dilan Deniz Kilic               Johanna Schlingmann                  Anna-Laura Askanazy
Inga Niedersberg               Hannah Waegner                           Lina Elbel
Jessica Panhorst                Katharina Ramesohl                      Ann-Sophie Altorjay
Louisa Sistig                       Hannah Reith                                  Verena Goldapp
Katharina Ruck                 Leonie Kothe                                   Silvia Nwadiuto Chike
Martha Schuldzinski        Lisa Bauwens                                  Jana Goebel
Lea Evers                            Sarah Keßler                                    Natalie Lorenzen
Sonka Peters                      Sarah Aretz                                      Emely Gerspach
Annkathrin Lindert          Magdalena Schulz                          Amalia Kockerols
Isabel Hoffmann               Hannah Helene Hülsmeyer          Derya Neumann
Jennifer Höfling               Anna Kebe                                       Sarah Wegener
Louisa Jechel                    Katharina Ramesohl                      Nina Wunderlich
Linn Bertelsmeier             Stefanie Moß                                    Anne Waack
Johanna Schlegelmilch     Franziska Brandenbusch              Eva Maria Bredler
Pia Storf                     Marlene Stiller                                 Jara Streuer
Natalie Kleinjan              Rebecca Ohnesorge                        Lisa Schmidt
Marisa Schönewolf            Raze Baziani
Tim Nau                       Paul Leonard Enderle                    Sebastian Rümmelein
Benedikt Hüls                 Johannes Kühle                              Till Kammerlohr
Johannes Domsgen           Philipp Breder                                  Fabian Müller
Kolja Eigler                  Johannes Helmbold                       Timon Klöpfer
Isaak Bicks                   Pablo Meissner                                Daniel Arjomand
Lukas Hünemeyer              Jan Potthoff                                      Benedikt Neßeler
Yannik Dönnebrink            Daniel Leesmeister                         Thorben Pröpper
Jonathan Mommsen          Felix Welsch                                     Jan Wiemers
Philip Keeler                 Philipp Ziemons                              Till Stadtbäumer
Paul Bekker                   Laurenz Wulbeck                            Mathis Neuhäuser
Simon Haack                   Fabian Ollmert                                 Alexander Bonn
Paul Bohmann                  Jan Niklas Scharrenbroch            David Overmeyer
Jeremy Philipp                Paul Stegemann                              Jost Weisenfeld
David Minkov                  Joshua Macheroux-Denault         Fabian Endeman

[1] So das Beispiel in einem kürzlichen Fall des Unirep-Klausurenkurses, der einer originalen Examensklausur des JPA Hamm entspricht (WS2021Kl18ZR09).

[2] Valentiner, Dana-Sophie: (Geschlechter)Rollenstereotype in Juristischen Ausbildungsfällen. Eine hamburgische Studie. Gleichstellungsreferat Universität Hamburg 2017, https://www.jura.uni-hamburg.de/media/ueber-die-fakultaet/gremien-und-beauftragte/broschuere-gleichstellung.pdf, (zuletzt aufgerufen am 16.12.2020).

[3] Siehe den beigefügten Leitfaden für eine diskriminierungsfreie und gendergerechte Sprache in juristischen Ausbildungsfällen, erstellt vom AKJ Bochum.


11.11.2020 – Wozu Jura studieren?

Posted: November 3rd, 2020 | Author: | Filed under: General | Comments Off on 11.11.2020 – Wozu Jura studieren?

Du beginnst gerade dein Jura-Studium oder bist schon ein wenig länger dabei? Du interessierst dich für rechtspolitische Themen?

Du weißt genau, warum du Jura studierst oder vielleicht noch nicht so ganz?

Du bist dir über die Rolle des Rechts in der Gesellschaft im Klaren oder möchtest dich darüber mit anderen austauschen?

Wir stellen und versuchen die Frage “Wozu Jura studieren?” gemeinsam mit Dir und Euch zu beantworte und freuen uns auf den Austausch mit Euch!

Zeit: Mi, 11.11.2020 – 16:00

Ort: Aufgrund der momentanen Einschränkungen wird die Veranstaltung digital über Zoom stattfinden: Meeting-ID: 938 1776 8997 / Kenncode: 096079

Die Veranstaltung ist Teil der Kritischen O-Wochen und wird gemeinsam mit den Kritischen Jurist*innen Münster organisiert.


Vortragsreihe Grenzkritik – Perspektiven auf Abschottung, Gewalt und Widerstand – Stream auf Münster Digital Radikal

Posted: April 22nd, 2020 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Vortragsreihe Grenzkritik – Perspektiven auf Abschottung, Gewalt und Widerstand – Stream auf Münster Digital Radikal

Uns alle schränkt das Corona-Virus gerade stark in unseren Handlungsformen ein. Trotzdem wollen wir unsere politische Aktivität nicht herunterfahren, sondern lieber den Gegebenheiten angepasst fortführen. Deshalb geht die Vortragsreihe Grenzkritik in die dritte Runde. Als Kooperationspartner ist diesmal neben der Seebrücke auch das Bündnis gegen Abschiebungen mit dabei. Anders als bisher finden die Vorträge nicht mehr im Hörsaal statt, sondern auf dem neuen Youtube-Kanal “Digital Radikal Münster“, auf dem auch viele weitere sehenswerte Veranstaltungen laufen. Schaut mal rein!


Lesekreis zu Stadtpolitik, Recht & Ausgrenzung

Posted: March 9th, 2020 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Lesekreis zu Stadtpolitik, Recht & Ausgrenzung

Die Gestaltung von Städten ist immer auch Ausdruck der herrschenden Verhältnisse. Nicht nur für ökonomischer Druck führt zur Verdrängung weiter Teile der Bevölkerung aus attraktiven Wohnlagen. Auch kriminalpolitische Instrumente prägen den öffentlichen Raum. Die Mehrheitsgesellschaft setzt ihre Vorstellungen von Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit rechtlich durch. Perspektiven marginalisierter Gruppen spielen kaum eine Rolle.

Darüber wollen wir mit Euch bei unserem Lesekreis sprechen. Etwa eine Woche vorher schicken wir Texte rum, die jede*r vorbereitend als Grundlage für unsere Diskussion lesen kann. Wir setzen keine Vorkenntnisse voraus, sondern diskutieren einfach munter los und sehen, welche Themen aus den Texten uns am meisten interessiert haben. Verständnisfragen, kreative Anmerkungen und abschweifende Gedanken sind natürlich ausdrücklich erlaubt! Und es gibt Kekse!

Wer die Texte haben möchte, schickt einfach eine E-Mail an akzurecht@riseup.net.

Die Veranstaltung findet im Rahmen der Housing Action Week Münster statt. Alle Infos dazu findet Ihr hier.


Vortragsreihe “Grenzkritik – Abschottung, Repression & Ausschluss” mit Seebrücke Münster

Posted: November 13th, 2019 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Vortragsreihe “Grenzkritik – Abschottung, Repression & Ausschluss” mit Seebrücke Münster

Grenzkritik #2: Perspektiven auf Abschottung, Repression und Ausschluss

Grenzen setzen eine Aufteilung der Welt auf viele Ebenen durch. Sie bestimmen mit, welchen Zugang zu materiellen und ideellen Ressourcen Menschen haben dürfen, sie weisen gesellschaftliche Rollen und Positionen zu, sie beschränken die Freiheit, sich in Raum und Zeit zu bewegen, sie begrenzen die Weisen, die Welt zu erfahren. Grenzen fungieren darin immer gleichzeitig ausschließend und disziplinierend.

Grenzen existieren dabei nicht ohne Praxen der Gewalt, die sie instituieren und aufrechterhalten und damit erst ihre ausgrenzend-disziplinierende Funktion durchsetzen. Dies ist unmittelbar zu beobachten etwa an den europäischen Außengrenzen, zu denen die Polizeigewalt von Frontex, die Lager in Libyen, die libysche Milizen gehören sowie die Naturgewalt des Mittelmeers und der Sahara. Auch die Diskurse, die den Ausbau der Grenzen begleiten, sind von außerordentlicher Gewalt gekennzeichnet. Die Gewalt der Außengrenze reproduziert sich auch nach innen, in der Schikanierung von Migrant*innen durch Behörden, in den lager-ähnlichen Ankerzentren, in den gewaltbereiten Abschiebungen, durch die Praxis des Racial Profilings. Merkmal gegenwärtiger Politik ist außerdem nicht zufällig die Tendenz zur „autoritären Formierung“ der Gesellschaft, die sich in Maßnahmen zur Stärkung polizeilicher Befugnisse, in der Zurückführung sozialer Auseinandersetzungen auf Probleme „öffentlicher Ordnung“, in einer ausgeprägten Repression von solidarische Initiativen und Aktivist*innen, in einer allgemeinen Abschottung nach außen ausdrückt. Alltäglich erfährt man die Gewalt, die die Aufteilung des Sinnlichen instituiert, in der Umstrukturierung des urbanen Raums, in der Ideologie des „Dekors“, in der Schaffung von „Gefahrenzonen“. Dabei neigt die Gewalt, die in den Grenzdispositiven steckt, dazu, sich zu normalisieren, unsichtbar zu machen und als natürlich zu präsentieren.

In all dem Zeigt sich die konstitutive Widersprüchlichkeit der liberalen Demokratie, deren Anspruch, im Dienst von Freiheit, Gleichheit und Menschenrecht zu stehen nicht nur an deren Außengrenzen endet, sondern selber durch den als selbstverständlich wahrgenommenen Ausschluss und polizeiliche Gewalt in Kraft gesetzt wird.

Die Veranstaltungsreihe will unterschiedliche Dimensionen der Praxis der Grenzen sondieren.


Kritische Orientierungswoche 2019

Posted: October 8th, 2019 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Kritische Orientierungswoche 2019

Auch zum Wintersemester 2019/20 gibt es wieder eine Kritische Orientierungswoche. Als AK Zu Recht sind wir mit zwei Veranstaltungen dabei. Am 23.10. wollen wir ab 12 Uhr gemeinsam mit den Kritischen Jurist*innen die herrschende Meinung verfrühstücken.

Am 28.10. findet ab 19 Uhr gemeinsam mit der Seebrücke die erste Veranstaltung der Grenzkritik-Vortragsreihe statt. Janika Kuge referiert zum Thema “Rebellische Städte: Sanctuary cities und der Nationalstaat”.

Das ganze Programm der Kritischen Orientierungswochen findet Ihr HIER.