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ZUR GEPLANTEN ÄNDERUNG DES POLIZEIGESETZES IN NRW

Posted: April 26th, 2018 | Author: | Filed under: General | Comments Off on ZUR GEPLANTEN ÄNDERUNG DES POLIZEIGESETZES IN NRW

Am 22.02.2018 brachte die Landesregierung von NRW im Zuge ihres „Sicherheitspaketes I“ einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Polizeigesetzes NRW in den Landtag ein (1). Am 26.04. findet die erste Lesung im Landtag statt.
Die Änderungen bedeuten schwere Eingriffe in die Privatsphäre und die Freiheitsrechte Aller: Überwachung der Telekommunikation, Anordnung von Aufenthaltsgeboten und Kontaktsperren und die Möglichkeit der Ingewahrsamnahme von bis zu einem Monat. Wir, der AK zu Recht, kritisieren die geplante Änderung des Polizeigesetzes NRW, da sie auf verfassungswidrige Weise in die Grundrechte der Bürger*innen eingreift.

Bislang war für ein Einschreiten der Polizei grds. das Vorliegen einer konkreten Gefahr erforderlich. Aus Sicht eines durchschnittlichen Polizeibeamten mussten also Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei Nicht-Einschreiten der Polizei ein Schaden in absehbarer Zeit wahrscheinlich werden würde. Durch die Änderung soll der Begriff der „drohenden Gefahr“ in § 8 IV PolG NW eingeführt werden: „Eine drohende Gefahr liegt vor, wenn im Einzelfall hinsichtlich einer Person bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die Person innerhalb eines absehbaren Zeitraums auf eine zumindest ihrer Art nach konkretisierte Weise eine Straftat von erheblicher Bedeutung begehen wird.“ Zum einen genügt dadurch eine „drohende Gefahr“, die weit im Vorfeld einer etwaigen Straftatplanung und –begehung und damit weit vor einer Schadensentstehung liegt (2). Zum anderen öffnet die Subsumtion unter den Begriff der „drohenden Gefahr“ der Polizei die Tür für seit 1945 nicht mehr da gewesene Maßnahmen: §20c PolG NW soll die Telekommunikationsüberwachung auf verschlüsselte digitale Inhalte ausweiten (sog. Quellen-TKÜ), sollte die betroffene Person unter den Begriff des „potentiellen Gefährders“ fallen. §34b PolG NW des Gesetzes führt die Möglichkeiten von Anordnungen zu Kontakt- und Aufenthaltsverboten von bis zu drei Monaten – und länger bei erneuter Anordnung – ein.

Gemäß §34c PolG NW wird es die elektronische Fußfessel für Personen geben, von denen eine sogenannte drohende Gefahr ausgeht.Widersetzt man sich der damit möglichen Maßnahme, macht man sich gem. §34d PolG NW strafbar – auch wenn später etwa gerichtlich festgestellt wird, dass die Anordnung der Fußfessel rechtswidrig war.

„Mehr Sicherheit bedeutet Freiheit“, meint Innenminister Herbert Reul. Freiheit bedeutet es jedoch nicht für die Menschen, die von der Polizei, ohne dass von ihnen eine konkrete Gefahr ausgeht, in die Kategorie des*r potentiellen Gefährder*in eingeordnet werden und somit z.B. ohne es zu wissen überwacht werden können.

Am Ende des Entwurfes verbirgt sich die Änderung des § 38 PolG NRW, auf Grund derer die Polizei potentielle Gefährder*innen bis zu einem Monat in Gewahrsam nehmen kann, bevor ein richterlicher Beschluss eingeholt werden muss.
Es erfolgt also eine präventive Ingewahrsamnahme wegen “drohender” Gefahren.

Die geplante Änderung des Gesetzes ist durchzogen von unbestimmten Rechtsbegriffen und darauf aufbauenden, stark in die Freiheit der Bürger*innen eingreifenden Präventivmaßnahmen.

Wir, der AK zu Recht, kritisieren die geplante Änderung des Polizeigesetzes NRW, da sie auf verfassungswidrige Weise in die Grundrechte Aller eingreift.
Wir lehnen die geplante Änderung als Teil des Netzwerkes „Nein zum neuen Polizeigesetz NRW” ab und rufen euch auf, unseren Protest zu unterstützen.

Heute findet die erste Lesung im Landtag in Düsseldorf statt. Kommt zum Protest vorbei und macht euren Ärger sichtbar!

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(1) Entwurf: https://www.landtag.nrw.de/Dokumentenservice/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV17-569.pdf

(2) vgl: PM der Strafverteidigervereinigung NRW e.V.: http://strafverteidigervereinigung-nrw.de/files/presseerklaerung_der_strafverteidigervereinigung_nrw_e.v.pdf

(3) PM der Polizei: http://www.mik.nrw.de/presse-mediathek/aktuelle-meldungen/aktuelles-im-detail/news/neue-landesregierung-bringt-erstes-sicherheitspaket-auf-den-weg-minister-reul-aktuelle-terrorbedr.html


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