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Münsteraner Wochen gegen Rassismus – aber keine Diskussion über Rassismus?

Posted: February 17th, 2018 | Author: | Filed under: General | Comments Off on Münsteraner Wochen gegen Rassismus – aber keine Diskussion über Rassismus?

Der CDU-Ratsherr Leschniok kritisiert die im Rahmen der „Wochen gegen Rassismus“ stattfindende Lesung „Alltäglicher Ausnahmezustand: rassistische Polizeikontrollen vs. Menschenwürde“ als Verleumdung der Polizei. Die Veranstalter – der AK Zu Recht und das Bündnis gegen Abschiebungen – wehren sich gegen diesen Vorwurf und das von Leschniok angestrengte Verbot der Diskussion über „Racial Profiling“

Erklärung der Veranstalter*innen:

Wir finden es unglaublich, dass Herr Leschniok diese Veranstaltung aus dem Programm der Stadt Münster verdrängen will. Für uns ist das Eintreten für die Geltung des Grundgesetzes keineswegs ein ‚Skandal‘, sondern demokratische Pflicht!“, erklärt ein Mitglied des Bündnis gegen Abschiebungen. Art. 3 Abs. 3 GG verbietet u.a. Benachteiligungen auf Grund der Merkmale ‚Abstammung‘, ‚Rasse‘ sowie ‚Herkunft‘ und verbietet daher, diese als Anknüpfungspunkt für eine Identitätsfeststellung durch die Polizei zu verwenden.“

“Bei der Formulierung des Ankündigungstextes fanden wir es nicht einfach, trotz der Begrenzung auf 250 Zeichen ein berechtigtes Anliegen zusammenzufassen, dabei auf die strukturelle Dimension hinter dem jeweiligen Einzelfall hinzuweisen und auch noch einen Bezug zu Münster herzustellen. Wir halten die Formulierung dennoch für ausreichend differenziert und nicht für eine ‚unfassbare Entgleisung‘, so ein Vertreter des AK Zu Recht.

Auch beschreibt die Überschrift „Alltäglicher Ausnahmezustand“ den Titel des Buches, aus dem gelesen werden soll, und ist von uns keinesfalls als pauschale Unterstellung gegenüber allen Polizeibeamt*innen zu verstehen. Anders als Herr Leschniok, der in seiner Pressemitteilung den vierfachen Zeichenumfang verwendet und dennoch lediglich pauschale Kritik äußert, ohne auch nur mit einem Wort zu erwähnen, dass rechtswidriges Racial Profiling durchaus in Deutschland stattfindet, ist uns an einer differenzierten Auseinandersetzung mit dem Thema gelegen“, bekräftigen beide Organisationen.

Hintergrund:

Die Veranstaltung unter dem Titel „Alltäglicher Ausnahmezustand: rassistische Polizeikontrollen vs. Menschenwürde“ wird in einer von der Stadt herausgegebenen Broschüre mit folgendem Text angekündigt: „Polizeikontrollen müssen durch tatsächliche Verdachtsmomente begründet sein. Oft spielen jedoch rassistische Kriterien in der Kontrollpraxis eine Rolle. Wie kommt es dazu? Was macht Racial Profiling mit den Betroffenen? Wie ist die Lage in Münster?“

Mit dem Phänomen des sog. Racial Profiling in Deutschland haben sich bereits das Deutsche Institut für Menschenrechte (1), der High Commissioner on Human Rights der Vereinten Nationen (2) und das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (3) befasst. Bisher waren uns diese Institutionen nicht für notorische Polizeiverunglimpfung bekannt. Im Veranstaltungstext, den Herr Leschniok rätselhafterweise als eine „unfassbare Entgleisung“ bezeichnet, haben wir die Existenz dieses Phänomens benannt und angekündigt, uns im Rahmen einer Lesung mit den Mechanismen, die dahinterstehen, auseinandersetzen zu wollen. Nicht mehr und nicht weniger.

In der CDU Münsters gibt es offenbar auch Stimmen, die sich um Differenzierung bemühen. So weist der ehemalige CDU- Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz Herrn Leschniok auf einem Facebook-Profil darauf hin, dass das Thema Racial Profiling „hoch umstritten und deshalb durchaus diskussionswürdig ist“. Leschniok entgegnet: „Diskutieren kan man immer. Aber sicher nicht auf Grundlage einer solchen Vorverurteilung.“ Wir hätten uns von Herrn Leschniok gewünscht, dass er den gleichen Maßstab an sich selbst anlegt und statt einer pauschalen Vorverurteilung per Pressemitteilung lieber die Veranstalter*innen kontaktiert, um sich nach den genauen Umständen der Lesung zu erkundigen.

Herr Leschniok legt anscheinend mehr Wert auf schnelle mediale  Aufmerksamkeit, anstatt eine differenzierte Auseinandersetzung in der Sache zu suchen.
Wir bedauern dies zwar, nutzen aber auch gerne die Gelegenheit, alle Interessierten herzlich zur unserer Lesung einzuladen!

Quellen:

Links zum Thema Racial Profiling:
(1) Institut für Menschenrechte

(2) High Commissioner on Human Rights der Vereinten Nationen

(3) Geritchtsurteil des Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz

Ankündigungstext der Veranstaltung auf der Website der Stadt Münster:
Alltäglicher Ausnahmezustand: rassistische Polizeikontrollen vs. Menschenwürde
Veranstalterin: AK Zu Recht und Bündnis gegen Abschiebungen
Art der Veranstaltung: Lesung und Gespräch
Polizeikontrollen müssen durch tatsächliche Verdachtsmomente begründet sein. Oft spielen jedoch rassistische Kriterien in der Kontrollpraxis eine Rolle. Wie kommt es dazu? Was macht Racial Profiling mit den Betroffenen? Wie ist die Lage in Münster?
Datum: 23. März 2018, 19.30 Uhr
Ort: neben*an (Cinema), Warendorfer Straße 45, 48145 Münster
Eintritt frei
Ansprechpartner: gegenabschiebungenms@riseup.net

Quelle:
Stadt Münster

Pressemitteilung Leschniok:

Unfassbare Verunglimpfung der Polizei
Von der Stadt aufgelegte Broschüre spricht von „alltäglichen
rassistischen Polizeikontrollen“

„Eine unfassbare Entgleisung“. Mit diesen Worten hat CDU-Ratsherr Stefan Leschniok eine von der Stadtverwaltung unterstützte Veranstaltung in einer Reihe unter dem Titel „Münsteraner Wochen gegen den Rassismus“ bezeichnet. In einer von der Stadt aufgelegten Broschüre wird für eine Veranstaltung über „alltägliche rassistische Polizeikontrollen“ geworben.
Die Rathaus-CDU hat die zuständige Dezernentin Cornelia Wilkens
aufgefordert, sich im Namen der Stadt von dieser Aktion zu distanzieren und die Veranstaltung aus der Serie zu nehmen. Leschniok,sicherheits- und ordnungspolitischer Sprecher seiner Fraktion: „Eine derartige Verunglimpfung der Polizei hat in einer offiziellen Broschüre der Stadt Münster absolut nichts zu suchen. Eine solche Veranstaltung kann auch nicht Teil der ‚Münsteraner Wochen gegen Rassismus‘ sein, wenn die Stadt als Mitveranstalter auftritt.“

Quelle:
CDU Münster


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